Big-Air Champ Jonas Boesiger im Interview

Big-Air Champ Jonas Boesiger im Interview

Fotos von: Gianmarco Allegrini, Stefan Kürzi, Elmar Bossard, Andri Kaufmann Janutin

Der 27-Jährige Snowboarder Jonas Boesiger ist seit Jahren fester Bestandteil des Schweizer Nationalteams. Er bestreitet Wettkämpfe in den Disziplinen Big-Air und Slopestyle. Jonas ist in Rickenbach aufgewachsen und seit 2016 Teil unseres hä? Teams. Wir haben ihn im Vorfeld des Big-Air Chur 2022, wo er seinen Sieg vom letzten Jahr verteidigen möchte, getroffen und ihm ein paar Fragen gestellt.

Hallo Jonas, Merci, dass du dir Zeit für ein kurzes Interview nimmst. Du bist nun schon lange ein Teil von hä? und hattest als einer von sehr wenigen ein Pro-Modell bei uns. Was schätzt du an hä? so sehr, dass du nach Jahren immer noch dabei bist?

Erstmals danke vielmals für die Unterstützung über all die Jahre und die Möglichkeit zu diesem Interview! Was ich an hä? so sehr schätzte ist die super Qualität, die schicken Designs, die Leute hinter der Marke und das Team! 

Vielen Dank für die Props! Wir sind sehr stolz, solche Fahrer wie dich bei uns zu haben. Möchtest du den Lesenden erzählen, wie du überhaupt mit Snowboarden in Kontakt gekommen bist und sich deine Karriere weiterentwickelt hat?

Das Ganze begann, als ich damals als kleiner Junge bei mir im Skigebiet die ersten Snowboarder sah. Sie waren die „coolen“ in meinen Augen und ich wollte unbedingt von meinen Skis auf ein Snowboard wechseln. Als ich 7 Jahre alt war, begann ich mit dem Snowboarden. Sofort merkte ich, dass Snowboarden genau mein Ding ist und ich verbrachte jede freie Minute auf dem Brett. Es wurde zu einer regelrechten Obsession und ich konnte über fast nichts anderes mehr nachdenken. Über den Skiclub Schwyz und deren Programm „Boarders“ gelangte ich anschließend in den Zentralschweizer Schneesport Verband. Nachdem ich die Talentklasse in Schwyz absolviert habe, wechselte ich 2010 an die Sportmittelschule in Engelberg. 2015 schloss ich die Sportmittelschule in Engelberg ab und bin seither Vollzeit Profi-Snowboarder. 

Jonas Boesiger über Sommertrainings in Übersee: „Wegen den schlechten Zuständen auf den Gletschern entschieden wir uns, in den neuseeländischen Winter zu fliegen.“

Chapeau, sieben Jahre Vollprofi in dieser schnelllebigen Welt ist eine starke Leistung und zeigt deine Konstanz. Du bist zur Zeit in Neuseeland im Trainingscamp mit der Nationalmannschaft. Steht die Reise in die südliche Hemisphäre jedes Jahr fix auf dem Programm oder hängt dies eher mit den aktuell katastrophalen Zuständen der europäischen Gletschergebieten zusammen? 

Vor der Corona-Krise gingen wir meistens im Sommer nach Neuseeland oder Australien, da dort bereits die ersten Wettkämpfe stattfanden. In den vergangenen zwei Sommer sind wir aber wegen den Reisebeschränkungen in der Schweiz geblieben. Der ursprüngliche Plan dieses Jahr war, die Vorbereitung wiederum auf den heimischen Gletschern in der Schweiz zu absolvieren. Wegen den schlechten Zuständen auf den Gletschern im Sommer wählten wir jedoch die sichere Variante und entschieden uns, in den neuseeländischen Winter zu fliegen. 

Dies macht aus sportlicher Sicht sicher Sinn. Denkst du, dass sich die Saisonvorbereitung in den kommenden Jahren allgemein verändern wird?

Ich denke schon, dass sich die Saisonvorbereitung in gewissen Arten verändern wird, besonders für den Nachwuchs. Dieses Jahr zum Beispiel ist es für den Nachwuchs extrem schwierig, sich auf den Winter mit genügend Schneetagen vorzubereiten. Die Gletscher im Sommer waren geschlossen oder hatten gar keinen Park. Die Teams wichen auf Airbag-Anlagen aus. Im Herbst finden die Private-Sessions statt, bei denen man viel Geld bezahlen muss, um teilzunehmen. Viele junge Fahrer können sich diese Sessions noch nicht leisten. Meine persönliche Saisonvorbereitung hat sich soweit verändert, dass ich weniger Tage auf dem Schnee verbringe als in den vergangenen Jahren und dafür mehr Tage auf einer Airbag-Anlage.

Airbag-Anlage in Leysin
 

Airbag-Anlagen wie in Leysin sind seit ein paar Jahren immer beliebter bei den Teams. Was sind die Vor- und Nachteile einer Trainingseinheit auf dem Bag statt im Schnee?

Diese Anlagen haben das Sommertraining revolutioniert. Vorteile sind immer gleichbleibende Konditionen, hohe Trick-Repetitionen und eine geringe Verletzungsgefahr. Der Prozess zum Erlernen oder Perfektionieren eines Tricks kann dadurch extrem verkürzt werden. Jedoch lernt man nicht, auf verändernde Konditionen, wie zum Beispiel weicher werdender Schnee auf dem Absprung, zu reagieren. Dies kann nur durch Training auf dem Schnee erlernt werden. Zudem ist die Landung ist auf dem Airbag leicht anders als auf dem Schnee, da die Kanten bei der Landung auf Plastik nicht benutzt werden können.

Jonas an den Olympischen Spielen 2022

 

In den sieben Jahren als Profi im Contest-Zirkus durftest du viele Erfolge feiern. An der Winterolympiade 2018 konntest du sogar ein olympisches Diplom nach Hause nehmen. Ein Meilenstein war sicher dein Sieg am Big-Air Weltcup in Chur vor einem Jahr. Wie hat sich der Sieg angefühlt? Und hat dich das Schweizer Publikum beflügelt?

Dieser Tag war ein unglaubliches Erlebnis, welches ich nie vergessen werde! Es hat alles gepasst und ist super aufgegangen. Meinen ersten Weltcup-Sieg in der Schweiz vor 17’000 Leuten zu feiern, kann ich kaum in Worte fassen. Das Schweizer Publikum hat sicher seinen Beitrag dazu geleistet, dass ich zuoberst auf dem Podest stehen konnte.

Jonas Boesiger über seinen Weltcupsieg am Big Air in Chur: „ Der Weltcup-Sieg in der Schweiz vor 17’000 Leuten ist ein unfassbares Erlebnis."

Dieses Jahr findet der Contest am  21. und 22. Oktober statt. Was hast du dir vorgenommen? (Das Big-Air Festival bietet neben den actionreichen Snowboard- und Freeski-Weltcups auch Konzerte von Künstlern wie Busta Rhymes und Deichkind. https://bigairfestival.com/)

Wie letztes Jahr gehe ich ohne große Erwartungen an diesen Event. Es wird sehr wahrscheinlich meine letzte Saison als aktiver Fahrer im Wettkampf-Zirkus sein. Daher will ich den Big Air Chur und auch die anderen Wettkämpfe, die ich noch mitfahren werde, genießen und ohne zu großen Druck Snowboard fahren.

Das sind ja unerwartete Neuigkeiten! Wir wünschen dir auf jeden Fall eine erfolgreiche und erlebnisreiche Saison. Was möchtest du nach deiner Pro-Karriere machen? Wir hoffen, dass es danach trotzdem noch das ein oder andere stylische Video von dir geben wird.

Danke vielmals! Gerne würde ich mein Wissen, welches ich über all die Jahre gesammelt habe, an die nächste Generation weitergeben und im Coaching-Bereich tätig werden. Ebenfalls würde ich gerne weiterhin viel Snowboarden und vermehrt Filme und Fotos machen. Außerdem werde ich weiterhin an meinem Bachelor in Sportmanagement arbeiten.

Was Jonas Boesiger fürs Snowboarden vom Basejumping gelernt hat: „Vom BASE-Jumpen habe ich gelernt, auch in sehr stressigen Situationen, wie bei einem Wettkampf oder vor dem ersten Versuch eines neuen Tricks, ruhig und fokussiert zu bleiben.“

Es bleibt also spannend! Auf deinem Instagram Kanal sieht man dich seit einiger Zeit beim Base-Jumpen. Lernst du dabei auch etwas, was du beim Snowboarden anwenden kannst? Gibt es zwischen diesen Sportarten Gemeinsamkeiten? 

Vor ungefähr sechs Jahren sah ich Videos vom BASE-Jumpen und Wingsuit fliegen. Ich war sofort zutiefst fasziniert davon und wusste, dass ich das machen will. BASE-Jumpen ist jedoch nicht etwas, das man einfach mal versucht oder etwas, das man von heute auf morgen macht. Es benötigt eine lange Vorbereitung und viel Wissen, um sicher und nachhaltig zu springen. Sehr ähnlich wie bei einem technisch schwierigen Trick auf einem Kicker. Auch dort steckt ein langer Prozess dahinter mit Visualisieren, Training, das Warten auf den richtigen Tag etc. Im Video oder Wettkampf sieht man nur das Endprodukt, jedoch nicht die ganze Vorbereitung, die dahintersteckt. In beiden Sportarten ist es der sogenannte Flow Zustand, den ich anstrebe und erlebe. Außerdem bewege ich mich bei beidem in meinem Lieblingsspielplatz, den Bergen! Durch das Springen habe ich ein perfektes Ausdauertraining im Sommer, da hinter den meisten Sprüngen eine mehrstündige Wanderung steckt.

Jonas beim Base Jumping

 

Besten Dank für das Interview! Wir sind stolz, Athleten wie dich in unserem Team zu haben. Möchtest du noch etwas loswerden?

Danke vielmals, dass ihr immer meinen Kopf, Hals und Ohren warm hält, egal wie kalt es draußen gerade ist. Ich fühle mich geehrt, ein Teil von hä? zu sein und freue mich auf viele weitere gemeinsame Jahre!  

Mehr zu Jonas gibt auf jonasboesiger.com

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